Die Geschichte ihres Namens offenbart die Mentalität und Antisemitismus von damals: Unmittelbar nach ihrer Geburt hatte der zuständige Leeraner Standesbeamte aus Übereifer und Opportunismus dem national-sozialistischen Geist der Zeit entsprechend reagieren wollen; er hat bei der Geburtsanzeige im Rathaus dem Kind den mutmaßlich "deutschen" Namen Liesel verwehrt - und damit einen Teil der eignen Identität verweigert. Auch wenn die übergeordneten Behörden auf das mutige Betreiben der Eltern Alfred und Paula Aussen nach langen Wochen des Wartens letztlich anders entschieden - die Anweisung von oben kam dem Standesbeamten Leer entgegen und ließ die ursprünglich gewählte Aussprache und Schreibung des Namens nicht zu.
In der Geburtsurkunde wurde aus Liesel nunmehr Lisel.
Auffällig an der offiziellen Begründung ist, dass nicht der gewünschte Name wie selbstverständlich zugestanden werden sollte, sondern dass es im Jahre 1936 nur noch keine gesetzliche Grundlage für eine Beschränkung der freien Wahl eines deutschen Namens für jüdische Bewohner des Reichsgebiet gäbe. Zudem seien "...triftige Gründe, den Namen Lisel für völkisch besonders wertvoll zu halten, nicht festzustellen".
Die Ausgrenzung und Diffamierung Mitte der dreißiger Jahre lässt die sich anbahnende Gefahr für die jüdischen Bürger im NS-Staat erahnen.
Heute erinnern wir mit der Namensgebung dieses Platzes an Liesel Aussen, der man einst den Namen verwehrt hatte. Sie steht stellvertretend für die jüdische Gemeinde vor Ort, die wir verloren haben.
Liesel-Aussen-Platz
Bahnhofsring 4
26789 Leer (Ostfriesland)
© 2024 Leer Touristik